Ausgabe
1/2025
Falk Gastro Review Journal

Editorial

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in dieser Ausgabe des FGR erwarten Sie einige interessante Veränderungen, auch inhaltlich wurden neue Schwerpunkte gesetzt. Ab dieser Ausgabe verantwortet Prof. Tobias Böttler, Leiter des Gerok-Leberzentrums am Universitätsklinikum Freiburg, als Co-Chefredakteur den Bereich Leber und Gallenwege. Er folgt auf Prof. Christoph Neumann-Haefelin, der seit September die Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie am Universitätsklinikum Köln leitet. Neben der bewährten Literaturübersicht werden fortan ausgewählte Arbeiten von Expert*innen unserer Klinik für Sie kritisch diskutiert und im Hinblick auf ihren Wert für die Praxis eingeordnet. Um translationale Therapieansätze von morgen besser zu verstehen, sollen zudem ausgewählte Arbeiten im Rahmen einer „Translational Science Corner“ für Sie verständlich beleuchtet werden. [...]

Wie gewohnt möchten wir Ihnen im Editorial 10 wichtige Arbeiten besonders ans Herz legen:

Zusammenhänge zwischen einer Infektion mit Helicobacter pyloriund der Entstehung von Magenkarzinomen sind lange bekannt. In einer einzigartigen großen populationsbasierten Studie in China konnte nun aber erstmals gezeigt werden, dass ein Massenscreening auf eine H.-pylori-Infektion und nachfolgende Eradikation das Risiko, an Magenkarzinomen zu erkranken, senkt (Pan et al.). Die Diagnosestellung der Zöliakie erfolgt mithilfe der Serologie und Duodenalbiopsien. Kürzlich wurde eine Unterform der Zöliakie beschrieben, bei der die Entzündung auf den Bulbus duodeni beschränkt ist („ultrakurze Zöliakie“). In der ersten prospektiven und multizentrischen Kohorte von Betroffenen mit „ultrakurzer Zöliakie“ war die klinische Symptomatik vergleichbar mit der bei „herkömmlicher“ Zöliakie. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, dass im Rahmen der Zöliakiediagnostik auch aus dem Bulbus duodeni Biopsien entnommen werden sollen, wie es aktuelle Leitlinien auch empfehlen (Raju et al.). Der Nutzen einer Stressulkusprophylaxe mit Protonenpumpeninhibitoren bei beatmeten Patient*innen war bisher durch Studien nicht eindeutig belegt. In einer großen randomisierten Studie mit über 4800 invasiv beatmeten Patient*innen traten unter einer Behandlung mit Pantoprazol signifikant weniger gastrointestinale Blutungen auf als unter Placebo. Die Mortalität blieb aber ebenso unverändert wie die Raten an Beatmungspneumonien oder Infektionen mit Clostridioides difficile (Cook et al.).

Eine Immuncheckpointblockade kann bei Kolonkarzinomen mit Mismatch-Reparaturdefizit zu hervorragendem Ansprechen führen. Im neoadjuvanten Setting konnte durch eine Immuntherapie mit Nivolumab und Ipilimumab in einer Phase-II-Studie bei 95% der Fälle ein pathologisches Ansprechen (verbleibendes Tumorgewebe < 10%) bzw. bei 68% ein komplettes pathologisches Ansprechen (kein Tumor mehr nachweisbar) erreicht werden (Chalabi et al.). Die Pathogenese des Reizdarmsyndroms ist komplex. In einer großen prospektiven und populationsbasierten britischen Kohortenstudie war eine gesunde Lebensweise (bestehend aus Nichtrauchen, optimalen Schlafgewohnheiten, physischer Aktivität, qualitativ hochwertiger Ernährung und moderatem Alkoholkonsum) mit einem signifikant geringeren Risiko assoziiert, an einem Reizdarmsyndrom zu erkranken (Ho et al.). Besonders verweisen möchten wir auch auf die „Translational Science Corner“ CED. Ausgehend von Mausmodellen konnten Mechanismen gezeigt werden, wie eine primär sklerosierende Cholangitis möglicherweise mit einem günstigeren Krankheitsverlauf von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen assoziiert ist (Bedke et al.).

Intraduktale papillär-muzinöse Neoplasien (IPMN) des Pankreas sind häufig Zufallsbefunde bei älteren Menschen, die wiederholte Kontrolluntersuchungen nach sich ziehen. Oft stellt sich die Frage, in welchem Alter die Vorsorge beendet werden sollte. Basierend auf einer gesundheitsökonomischen Modellierung könnte bei Männern die Vorsorge unabhängig von der Art der IPMN im Alter von 76–78 Jahren beendet werden. Bei Frauen war dies abhängig von der Größe und Art der IPMN (Hamada et al.).

Viel Bewegung ist auch auf dem Gebiet der metabolische Dysfunktion-assoziierten steatotischen Lebererkrankung und Steatohepatitis (MASLD bzw. MASH). Im Hinblick auf neue medikamentöse Therapieoptionen scheinen GLP-1-Rezeptoragonisten bzw. sogenannte Co-Agonisten, die zusätzlich an den GIP (glukoseabhängiges insulinotropes Peptid)- bzw. den Glucagonrezeptor binden, vielversprechende Therapieoptionen zu sein. In zwei Phase-II-Studien war die Therapie mit Tirzepatid (Loomba et al.) bzw. Survodutid (Sanyal et al.) einer Placebo-Therapie in Bezug auf die Resolution einer MASH deutlich überlegen. Die Wirksamkeit von Tranexamsäurebei gastrointestinalen Blutungen bleibt umstritten. In einer randomisierten Studie aus Indien bei Personen mit einer Leberzirrhose konnte die Häufigkeit eines Blutungsrezidivs (z. B. Ligaturulkusblutungen nach Ösophagusvarizenligatur) durch den Einsatz von Tranexamsäure reduziert werden (Kumar et al.).

Wir hoffen sehr, dass Ihnen diese neue inhaltliche Ausrichtung zusagt und Ihnen hilft, die für Sie praxisrelevanten Neuigkeiten in der Fülle der Neuerscheinungen zu finden! Kontaktieren Sie uns gerne unter peter.hasselblatt@uniklinik-freiburg.de oder tobias.boettler@uniklinik-freiburg.de, wenn Sie Vorschläge für weitere Anpassungen haben!

Mit besten Grüßen

Ihre
Peter Hasselblatt und Tobias Böttler
Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Freiburg

Aktuelles aus der Literatur in dieser Ausgabe

Ösophagus bis Dünndarm

Zusammenhang zwischen Zöliakie und Reizdarmsyndrom: eine landesweite Kohortenstudie

Clin Gastroenterol Hepatol. 2024;22(7):1404–15.e20

Ösophagus bis Dünndarm

Depletion der Eosinophilen mit Benralizumab bei eosinophiler Ösophagitis

N Engl J Med. 2024;390(24):2252–63