Ausgabe
2/2025
Falk Gastro Review Journal

Editorial

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

was wird langfristig aus Patient*innen mit potenzieller Zöliakie, also bei Nachweis von Transglutaminase-Antikörpern ohne Duodenalveränderungen? Laut einer Metaanalyse entwickelt ein Drittel dieser Patient*innen unter glutenhaltiger Diät eine Zottenatrophie und manifeste Zöliakie, wohingegen sich die Serologie bei einem Drittel wieder normalisiert. Die meisten symptomatischen Patient*innen mit potenzieller Zöliakie sprechen gut auf eine glutenfreie Diät an (Shiha et al.). Die neoadjuvante Chemotherapie ist Standard zur perioperativen Behandlung von Magenkarzinomen, allerdings wurde in den vergangenen Jahren auch die Bedeutung einer neoadjuvanten Radiochemotherapie kontrovers diskutiert. Im Rahmen der Phase-III-TOPGEAR-Studie bot jedoch die zusätzlich zur präoperativen Chemotherapie durchgeführte Bestrahlung bei der Behandlung operabler Karzinome des Magens und gastroösophagealen Übergangs im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie keinen Überlebensvorteil (Leong et al.). […]

Die Behandlung mit Tulisokibart, einem Antikörper gegen Tumor-Nekrose-Faktor-like Ligand 1A (TL1A), führte bei der Induktionstherapie der Colitis ulcerosa im Vergleich zu Placebo im Rahmen der ARTEMIS-UC-Phase-II-Studie zu signifikant höheren Remissionsraten (Sands et al.). Aufgrund der vielfältigen Wirkmechanismen von TL1A als zentrales pro-inflammatorisches Zytokin mit Fibrose-fördernden Eigenschaften kommt diesem Wirkprinzip möglicherweise künftig eine wichtige Rolle bei der Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen zu. Mehrere TL1A-Antikörper werden daher derzeit im Rahmen von Phase-III-Studien zur Therapie von Colitis ulcerosa und M. Crohn untersucht. Bei schwerer steroidrefraktärer Colitis ulcerosa wird Infliximab häufig mit höherer Dosierung und in verkürzten Intervallen verabreicht, um das Therapieansprechen zu optimieren. Diese Strategie wird nun durch die australische PREDICT-UC-Studie infrage gestellt, in der eine doppelte Dosierung von Infliximab sowie verkürzte Dosisintervalle keinen Einfluss auf das klinische Ansprechen und die Kolektomieraten hatten (Choy et al.). 

Die computerunterstützte Polypendetektion (CADe) wurde in den letzten Jahren als wesentliche Innovation für die endoskopische Darmkrebsvorsorge beworben. In einer multizentrischen Studie führte der Einsatz von CADe im Rahmen der Vorsorgekoloskopie allerdings nur zu einem überschaubaren Zuwachs der Adenomdetektionsrate und hatte nur selten Einfluss auf die empfohlenen Kontrollintervalle, was den Zusatznutzen deutlich relativieren dürfte (Sinonquel et al.). Die Wirksamkeit einer Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren konnte in mehreren Therapiesituationen von Kolonkarzinomen mit Mikrosatelliteninstabilität oder Mismatch-Reparaturdefizit belegt werden. In einer Phase-III-Studie führte die Erstlinientherapie mit Nivolumab und Ipilimumab in der metastasierten Situation nach 24 Monaten zu einem signifikant besseren progressionsfreien Überleben (72%) als eine Standardchemotherapie (14%, Andre et al.).

Patient*innen mit Pankreaskarzinomen sprechen leider weiterhin schlecht auf Chemotherapie an. In einer „Proof-of-concept“-Studie wurde der Stellenwert von aus Pankreaskarzinombiopsien gewonnenen Organoiden zur Vorhersage des Ansprechens auf Chemotherapien untersucht. Es konnten nach erfolgreicher Kultivierung der Organoide bei 91% potenziell wirksame Chemotherapieansätze identifiziert werden. Eine zielgerichtete Therapie führte zu einem besseren Gesamtüberleben als die Standardtherapie (Boilève et al.).

Fortschritte im onkologischen Bereich gibt es auch vonseiten der Leber zu berichten. Eine französische Arbeitsgruppe konnte im Blut von Personen mit hepatozellulärem Karzinom Tumor-DNA nachweisen. Longitudinale Analysen von Mutationen im Tumormaterial und dem Blut derselben Personen zeigten, dass tumorspezifische Mutationen in der Zirkulation und im Tumorgewebe vergleichbar waren und die Veränderungen der Mutationslast mit dem Ansprechen auf die Tumortherapie bzw. dem Tumorstadium korrelierten (Campani et al.). 

Der klinische Nutzen einer Bestimmung des quantitativen HBsAgs bei Personen mit chronischer Hepatitis-B-Virusinfektion wird immer evidenter: In einer chinesischen Studie konnte durch halbjährliche Bestimmung des quantitativen HBsAgs bei Personen unter Therapie mit Nukleos(t)idanaloga ein Score entwickelt werden, der den HBsAg-Verlust mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagt (Fan et al.). 

Die Nutzbarkeit der transienten Elastografie wird sich möglicherweise ebenfalls in Zukunft ausweiten. In einer multizentrischen europäischen Studie von mehr als 400 Personen mit chronischer Lebererkrankung zeigte sich, dass eine Milzsteifigkeitsmessung in Kombination mit dem Body-Mass-Index und der Thrombozytenzahl das Vorliegen einer klinisch signifikanten portalen Hypertonie ähnlich gut vorhersagen kann wie die Lebersteifigkeitsmessung. Die Kombination von Leber- und Milzsteifigkeitsmessung in Verbindung mit Body-Mass-Index und Thrombozytenzahl verbessert sogar die aktuell verfügbaren Diagnosemodelle (Jachs et al.).

Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre dieser sowie der anderen in dieser Ausgabe vorgestellten Arbeiten und hoffen, dass diese Auswahl hilfreich für Ihren klinischen Alltag ist und für Sie relevante Fragestellungen beantwortet!

Mit besten Grüßen

Ihre
Peter Hasselblatt und Tobias Böttler
Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Freiburg

Peter Hasselblatt

Aktuelles aus der Literatur in dieser Ausgabe

Ösophagus bis Dünndarm

Vonoprazan ist wirksam bei der Behandlung von Sodbrennen bei nicht-erosiver Refluxkrankheit: eine randomisierte Studie

Clin Gastroenterol Hepatol. 2024;22(11):2211-2220.e10

Ösophagus bis Dünndarm

Präoperative Chemoradiotherapie bei resezierbarem Magenkarzinom

N Engl J Med. 2024;391(19):1810-1821