Dickdarm bis Rektum

Reisediarrhö

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Zusammenfassung

Reisediarrhö (RD) tritt bei Auslandsreisen häufig auf. In der reisemedizinischen Beratung sind Optionen zur Selbsttherapie ein bedeutendes Thema, zumal Konsultationen bei lokalen Ärzten in gewissen touristischen Zentren häufig zu unnötigen Hospitalisierungen mit hohen Folgekosten führen. Auch Heimkehrer konsultieren Arztpraxen oft wegen persistierender RD oder unmittelbar nach dem Rückflug aufgetretenem Durchfall. Auf der Basis einer Konsensuskonferenz der „International Society of Travel Medicine“ werden Schweregrad und therapeutische Strategie gemäß Beeinträchtigung der Reisepläne definiert. Leichte RD beeinträchtigt das Programm nicht. Hier sind antimikrobielle Substanzen kontraindiziert, um die individuelle Besiedelung des Darms mit multiresistenten Bakterien und generell die Förderung von Antibiotikaresistenzen zu vermeiden. Bei mittelschweren und schweren Fällen dürfen bzw. sollen Antibiotika eingesetzt werden. Bei allen RD-Patienten dürfen zur Linderung der Symptome Loperamid oder Racecadotril verabreicht werden. Bezüglich Antibiotika ist Ciprofloxacin nicht mehr die erste Wahl zur Therapie der RD, weil die Resistenzen dagegen mancherorts massiv zugenommen haben und auch weil Chinolone erhebliche Nebenwirkungen verursachen können – davor wurde bereits in einem Rote-Hand-Brief des BfArM gewarnt. Bevorzugt werden jetzt Azithromycin, Rifaximin oder Rifamycin SV. Rifamycin SV ist, ähnlich dem Rifaximin, ein fast nicht resorbierbares Breitbandantibiotikum. In einer neuen Formulierung wird es aber so verpackt, dass es erst im distalen Ileum und Kolon freigesetzt wird. Es hat sich in zwei Studien zum einen im Vergleich zu Placebo als signifikant überlegen wirksam und zum anderen im Vergleich zu Ciprofloxacin als nicht unterlegen erwiesen. Das Nebenwirkungsprofil war dem von Placebo vergleichbar. Ein wesentlicher Vorteil ist, dass Rifamycin SV die Besiedelung des Darms mit Extended-Spectrum Beta-Laktamase-produzierenden Enterobakterien (ESBL-PE) im Gegensatz zu Ciprofloxacin nicht steigert. Daraus resultiert für die Reiseapotheke: Speziell Reisende, welche keinen Zugang zu medizinischer Infrastruktur haben, sollten diese bestücken mit a) einem Motilitätshemmer (Loperamid) oder einer antisekretorischen Substanz (Racecadotril) und b) einem Antibiotikum: je nach Exposition ein minimal resorbierbares Präparat wie Rifamycin SV oder bei Aufenthalten fernab von medizinischer Infrastruktur Azithromycin. Schriftliche Richtlinien zur Anwendung dieser Präparate sind unerlässlich. Prinzipiell gilt für RD nach der Heimkehr dasselbe wie unterwegs, aber hier bestehen weitergehende diagnostische Optionen, die jedoch nicht immer indiziert sind.

FGK 1/21

 

Autoren

Prof. Dr. Robert Steffen
CTH Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention
Ehem. Leiter Zentrum für Reisemedizin
World Health Organization (WHO)
Collaborating Centre for Travellers’ Health
Universität Zürich
8001 Zürich, Schweiz

Division of Epidemiology
Human Genetics and Environmental Sciences
The University of Texas
School of Public Health
Houston, TX, USA

Korrespondenzadresse:
robert.steffen@uzh.ch