Editorial
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
mit kompetitiven Kaliumkanalblockern wie Vonoprazan stehen potente Alternativen zu Protonenpumpeninhibitoren zur Verfügung und werden derzeit in zahlreichen klinischen Studien untersucht. Im Rahmen der Helicobacter-pyloriEradikationstherapie konnte gezeigt werden, dass eine Behandlung mit Vonoprazan und hoch dosiertem Amoxicillin einer Bismut-haltigen Quadrupeltherapie im Hinblick auf die Eradikationsraten nicht unterlegen war, aber mit deutlich weniger Nebenwirkungen einherging (Qian et al.). Studien zur Eradikation von H. pylori werden meist in Asien durchgeführt und die Ergebnisse sind nur eingeschränkt auf Europa und den europäischen Alltag übertragbar. Dies gilt besonders für Rescue-Therapien nach Versagen einer Erst- und Zweitlinienbehandlung. Die Auswertung eines europäischen Registers belegt, dass die empirische Drittlinien-Eradikationstherapie in Europa im Alltag nur begrenzt wirksam ist. Lediglich durch eine Bismut-haltige Quadrupeltherapie oder eine Therapie mit Amoxicillin und Levofloxacin konnte unter bestimmten Bedingungen ein adäquates Ansprechen erreicht werden (Burgos-Santamaría et al.). Insgesamt ist durch einen leitliniengerechten Einsatz der Bismut-haltigen Quadrupeltherapie langfristig mit besseren Eradikationsergebnissen zu rechnen. [...]
Zur Behandlung der Colitis ulcerosa wird seit einiger Zeit der Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulator Ozanimod eingesetzt. Mit Etrasimod steht nun eine gut verträgliche und wirksame Alternative zur Verfügung, die im Rahmen des ELEVATE-Studienprogramms eine gute Wirksamkeit und Therapiesicherheit zeigen konnte (Sandborn et al.). Dennoch ist bei vielen neuen Medikamenten zur Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen die Wirksamkeit weiter begrenzt. Vor diesem Hintergrund werden zunehmend Kombinationstherapien in Studien untersucht. Die Ergebnisse der VEGA-Studie bei Colitis ulcerosa weisen darauf hin, dass eine Kombinationstherapie mit dem Interleukin-23-Antikörper Guselkumab und dem Tumor-Nekrose-Faktor-Antikörper Golimumab wirksamer bzw. schneller wirksam sein könnte als eine Monotherapie mit den jeweiligen Substanzen (Feagan et al.). Bei chronischer Obstipation sind Alltagsempfehlungen und die medikamentöse Therapie oft nicht ausreichend wirksam.
Möglicherweise könnte aber eine mechanische Darmstimulation durch eine Vibrationskapsel die Obstipation lindern. Im Rahmen einer Phase-III-Studie war die tägliche Einnahme einer Kolon-Vibrationskapsel signifikant wirksamer als Placebo zur Behandlung der chronischen Obstipation. Die Kapsel war sicher und wurde gut vertragen (Rao et al.). Eine Therapie mit Trifluridin Tipiracil (FTD-TPI) wird als Reservetherapie zur Behandlung fortgeschrittener metastasierter kolorektaler Karzinome eingesetzt. In einer Phase-III-Studie führte eine Kombinationstherapie mit FTD-TPI und Bevacizumab im Vergleich zu einer Monotherapie mit FTD-TPI zu einem signifikant längeren Gesamtüberleben (Prager et al.).
Bei nekrotisierender Pankreatitis mit Walled-off-Nekrosen hat sich inzwischen die endoskopische transgastrale Drainage im Alltag gut etabliert. Viele dieser Eingriffe werden mit sogenannten Lumen-apposing Metallstents (LAMS) durchgeführt, die eine kürzere Interventionszeit, aber höhere Kosten und gegebenenfalls ein höheres Blutungsrisiko bedingen. In einer kleinen randomisierten Studie konnte nun gezeigt werden, dass eine transgastrale Drainage mit LAMS mit einem Innendurchmesser von 20 mm ähnlich wirksam ist wie eine konventionelle endoskopische Drainage mit Doppel-Pigtail-Drainagen. Die Anzahl von Nekrosektomien, die Dauer des Krankenhausaufenthalts und die Komplikationsraten waren bei beiden Verfahren vergleichbar (Gásdal Karstensen et al.).
2022 traten weltweit vermehrt akute schwere Non-A-E-Hepatitiden (NAEH) bei Kindern auf. Diese weltweite NAEH-„Epidemie“ wurde mit Adenovirus-Infektionen in Verbindung gebracht. Eine aktuelle Auswertung aus Hannover und Essen zeigte eine steigende Inzidenz der NAEH an den beiden deutschen Zentren seit 2019. Dabei spielten adenovirale Infektionen jedoch keine Rolle, was auf andere potenzielle Auslöser ähnlicher NAEH-Fälle hinweist (Leiskau et al.). Eine aktuelle Längsschnitt-Kohortenstudie mit Patient*innen mit rheumatoider Arthritis sowie Psoriasis legt nahe, dass das Risiko einer Leberfibrose im Zusammenhang mit einer Methotrexat (MTX)-Langzeittherapie bisher überschätzt wurde. In der Kohorte war weder die kumulative MTX-Dosis noch die Therapiedauer mit einer erhöhten Lebersteifigkeit assoziiert. Dagegen waren Alter und Body-Mass-Index unabhängig voneinander mit einer erhöhten Lebersteifigkeit assoziiert (Atallah et al.). Patient*innen mit metabolischem Syndrom, die sich wegen eines hepatozellulären Karzinoms einer Leberresektion unterziehen, haben ein hohes Risiko für postoperative schwere Komplikationen inklusive letalem Verlauf. Eine sorgfältige Patientenauswahl unter Berücksichtigung der Ausgangsmerkmale, der Leberfunktion und der Art der Operation ist mittels eines neuen Online-Modells möglich (Berardi et al.).
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und schöne Herbsttage!
Es grüßen Sie ganz herzlich Ihre
Christoph Neumann-Haefelin und Peter Hasselblatt
Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Freiburg
Christoph Neumann-Haefelin
Peter Hasselblatt