Leber und Gallenwege

J Hepatol. 2023;78(5):971–8

Acute severe non-A-E-hepatitis of unknown origin in children – A 30-year retrospective observational study from North-West Germany

Leiskau C, Tsaka S, Meyer-Ruhnke L, Mutschler FE, Pfister ED, Lainka E, Baumann U

Akute schwere Non-A-E-Hepatitis unbekannter Genese bei Kindern – eine 30-jährige retrospektive Beobachtungsstudie aus Nordwestdeutschland

Die Ätiologie der aktuellen akuten schweren Non-A-E-Hepatitis-Epidemie bei Kindern bleibt unklar. Ziel dieser Studie war es, das Auftreten und die Folgen einer akuten schweren Hepatitis bei Kindern in Nordwestdeutschland über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren und im Kontext der aktuellen Epidemie zu beschreiben. Hierzu wurden alle Fälle von akuter schwerer Hepatitis im Kindesalter gemäß der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an der Medizinischen Hochschule Hannover ab 1990 und am Universitätsklinikum Essen von 2009 bis Mai 2022 analysiert. Die Fälle wurden in eine historische Kohorte (1990–2018) und eine Kohorte aus der COVID-19-Ära (2019–2022) unterteilt. Nach Anwendung der Ausschlusskriterien wurden 107 Kinder mit akuter schwerer Hepatitis identifiziert (2,32 Fälle/Zentrum/Jahr). Die jährliche Inzidenz pro Zentrum stieg signifikant von 2,2 (historische Kohorte bis 2018) auf 4,25 pro Zentrum und Jahr (ab 2019, p = 0,002). 75,7% aller Fälle zeigten einen Ikterus, während 53,3% klinische Anzeichen einer Infektion aufwiesen. In 2 Fällen wurde ein Adenovirus nachgewiesen (2004 sowie 2016); weitere nachgewiesene Erreger waren humanes Herpesvirus (HHV)-6 (4), Zytomegalievirus (CMV), Herpes-simplex-Virus (HSV) und Epstein-Barr-Virus (EBV) (3). 69 Kinder (64,5%) erfüllten die Kriterien eines akuten pädiatrischen Leberversagens, 44 benötigten eine Lebertransplantation. In der aktuellen Kohorte hatten Kinder mit Infektionen, gastrointestinalen Symptomen und höherer Alaninaminotransferase eine bessere Chance auf ein transplantationsfreies Überleben, während hepatische Enzephalopathie, höhere International Normalized Ratio und höheres Bilirubin ein schlechtes Ergebnis vorhersagten. 25 Kinder entwickelten eine Hepatitis-assoziierte aplastische Anämie und 19 Kinder (17,8%) starben.

Eine akute Non-A-E-Hepatitis (NAEH) bei Kindern ist eine seltene, aber schwerwiegende Erkrankung, die häufig zum akuten Leberversagen führt. Die klinische Präsentation in der aktuellen Kohorte (2019–2022) ähnelte den Fällen der NAEH-Epidemie 2022, mit verbesserten Ergebnissen im Vergleich zu historischen Kontrollen. Die steigende Inzidenz der NAEH an den beiden deutschen Zentren seit 2019 ohne adenovirale Infektion weist auf andere potenzielle Auslöser ähnlicher NAEH-Fälle hin.

Prof. Dr. U. Baumann, Klinik für pädiatrische Nieren-, Leber- und Stoffwechselerkrankungen, Zentrum für Kinderheilkunde & Jugendmedizin, Medizinische Hochschule Hannover (MHH), Hannover,
E-Mail: baumann.u@mh-hannover.de

DOI: 10.1016/j.jhep.2022.12.012

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