Leber und Gallenwege
J Hepatol. 2024;80(3):431–42
Characteristics and outcomes of immunotherapy-related liver injury in patients with hepatocellular carcinoma versus other advanced solid tumors
Charakteristika und Verlauf einer Immuntherapie-bedingten Leberschädigung bei Patient*innen mit hepatozellulärem Karzinom im Vergleich zu anderen fortgeschrittenen soliden Tumoren
Eine immunbedingte Leberschädigung wird häufig bei Krebspatient*innen beobachtet, die mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren behandelt werden. In dieser Studie wurden die Inzidenz, die klinischen Charakteristika und die Verläufe von immunbedingten Leberschädigungen bei Patient*innen verglichen, die Immun-Checkpoint-Inhibitoren gegen ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) oder andere solide Tumoren erhielten. Es wurden 2 separate Kohorten eingeschlossen: 375 Patient*innen mit fortgeschrittenem/inoperablem HCC, Child-Pugh-Stadium A und Erstlinientherapie mit Atezolizumab + Bevacizumab aus der AB-real-Studie, und eine Nicht-HCC-Kohorte mit 459 Patient*innen mit einer Erstlinientherapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren aus der multizentrischen INVIDIa-2-Studie. Eine immunbedingte Leberschädigung wurde als behandlungsbedingter Anstieg der Aminotransferase-Spiegel nach Ausschluss alternativer Ursachen der Leberschädigung definiert. Die Inzidenz von immunbedingten Leberschädigungen wurde an die Dauer der Behandlungsexposition angepasst. Bei Patient*innen mit HCC betrug die Inzidenz von immunbedingten Leberschädigungen jeglichen Grades 11,4% über eine mediane Behandlungszeit von 4,4 Monaten (95% Konfidenzintervall [CI]: 3,7–5,2) gegenüber 2,6% in der INVIDIa-2-Kohorte über eine mediane Behandlungszeit von 12,4 Monaten (95% CI: 11,1–14,0). Die expositionsbereinigte Inzidenz von immunbedingten Leberschädigungen jeglichen Grades betrug 22,1 pro 100 Patientenjahre bei Patient*innen mit HCC und 2,1 pro 100 Patientenjahre bei Patient*innen mit anderen soliden Tumoren (p < 0,001), mit einer medianen Zeit bis zur immunbedingten Leberschädigung von 1,4 bzw. 4,7 Monaten. Unter den Patient*innen, die eine immunbedingte Leberschädigung entwickelten, wurden systemische Kortikosteroide bei 16,3% der Patient*innen mit HCC und bei 75,0% der Patient*innen ohne HCC verabreicht (p < 0,001); eine Auflösung der immunbedingten Leberschädigung wurde bei 72,1% bzw. 58,3% beobachtet (p = 0,362). Bei Patient*innen mit HCC betrug die Rate an Leberdekompensationen und Behandlungsabbrüchen aufgrund von immunbedingten Leberschädigungen 7%. Eine immunbedingte Leberschädigung vom Grad 1–2 war nur bei Patient*innen mit HCC mit einem verbesserten Gesamtüberleben verbunden (Hazard-Ratio = 0,53, 95% CI: 0,29–0,96).
Trotz höherer Inzidenz und früherem Beginn zeichnen sich immunbedingte Leberschädigungen bei Patient*innen mit hepatozellulärem Karzinom durch höhere Remissionsraten und einen geringeren Bedarf an einer Kortikosteroidtherapie (im Vergleich zu immunbedingten Leberschädigungen bei anderen soliden Tumoren) sowie ein geringes Risiko einer Leberdekompensation und eines Behandlungsabbruchs aus und haben keine negativen Auswirkungen auf den onkologischen Verlauf.