Dickdarm bis Rektum
Lancet Gastroenterol Hepatol. 2022;7(11):1005–15
COVID-19 vaccine-induced antibody and T-cell responses in immunosuppressed patients with inflammatory bowel disease after the third vaccine dose (VIP): A multicenter, prospective, case-control study
COVID-19-Impfstoff-induzierte Antikörper- und T-Zell-Reaktionen bei immunsupprimierten Patient*innen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen nach der dritten Impfstoffdosis (VIP): eine multizentrische, prospektive Fallkontrollstudie
Bei Patient*innen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED), die mit Anti-Tumor-Nekrose-Faktor (TNF)-Antikörpern oder Tofacitinib behandelt werden, sind die durch COVID-19-Impfstoff induzierten Antikörperreaktionen nach 2 Impfstoffdosen reduziert. In dieser multizentrischen, prospektiven Fallkontrollstudie wurde untersucht, ob immunsuppressive Behandlungen bei Patient*innen mit CED auch nach einer dritten Impfung mit reduzierten Antikörper- und T-Zell-Reaktionen einhergehen. Immunsupprimierte Patient*innen mit Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder Colitis indeterminata und nicht immunsupprimierte gesunde Personen über 18 Jahre wurden zwischen dem 18. Oktober 2021 und dem 29. März 2022 an 9 Zentren im Vereinigten Königreich rekrutiert (Teilnehmer*innen, n = 352: Thiopurin, n = 65; Infliximab, n = 46; Kombinationstherapie Thiopurin plus Infliximab, n = 49; Ustekinumab, n = 44; Vedolizumab, n = 50; Tofacitinib, n = 26, und gesunde Kontrollen, n = 72). Zum Zeitpunkt der ersten Impfung gegen SARS-CoV-2 waren die immunsupprimierten CED-Patient*innen seit mindestens 12 Wochen mit einem von 6 Immunsuppressiva behandelt worden. Alle Teilnehmer*innen mussten 3 Dosen eines zugelassenen COVID-19-Impfstoffs erhalten haben. Die Bindung von SARS-CoV-2-Spike-Antikörpern und die T-Zell-Reaktionen wurden in allen teilnehmenden Gruppen gemessen. Der primäre Endpunkt war die Anti-SARS-CoV-2-Spike-Antikörperkonzentration (S1 receptor-binding domain [RBD]) 28–49 Tage nach der dritten Impfstoffdosis, bereinigt um Alter, homologes bzw. heterologes Impfschema sowie vorherige SARS-CoV-2-Infektion. Die geometrischen Mittelwerte der Anti-SARS-CoV-2-S1-RBD-Antikörperkonzentrationen stiegen in allen Gruppen nach der dritten Impfstoffdosis an, waren jedoch im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe (16.774,2 U/ml [geometrische SD 2,6]) bei den mit Infliximab behandelten Patient*innen (2736,8 U/ml [4,3]; p < 0,0001), den mit Infliximab plus Thiopurin behandelten Patient*innen (1818,3 U/ml [6,7]; p < 0,0001) und den Patient*innen unter Tofacitinib (8071,5 U/ml [3,1]; p = 0,0018) signifikant niedriger. Es gab keine signifikanten Unterschiede in den Anti-SARS-CoV-2-S1-RBD-Antikörperkonzentrationen zwischen der gesunden Kontrollgruppe und den mit Thiopurin (12.019,7 U/ml [2,2]; p = 0,099), Ustekinumab (11.089,3 U/ml [2,8]; p = 0,060) oder Vedolizumab (13.564,9 U/ml [2,4]; p = 0,27) behandelten Patient*innen. Die multivariable Modellierung zeigte eine unabhängige Assoziation niedrigerer Anti-SARS-CoV-2-S1-RBD-Antikörper mit Infliximab (geometrisches Mittelverhältnis 0,15 [95% Konfidenzintervall {CI}: 0,11–0,21]; p < 0,0001), Tofacitinib (0,52 [95% CI: 0,31–0,87]; p = 0,012) und Thiopurin (0,69 [95% CI: 0,51–0,95]; p = 0,021), aber nicht mit Ustekinumab (0,64 [95% CI: 0,39–1,06]; p = 0,083) oder Vedolizumab (0,84 [95% CI: 0,54–1,30]; p = 0,43). Eine frühere SARS-CoV-2-Infektion (1,58 [95% CI: 1,22–2,05]; p = 0,0006) war unabhängig mit höheren Anti-SARS-CoV-2-S1-RBD-Antikörperkonzentrationen und ein höheres Alter (0,88 [95% CI: 0,80–0,97]; p = 0,0073) unabhängig mit niedrigeren Anti-SARS-CoV-2-S1-RBD-Antikörperkonzentrationen assoziiert. Antigenspezifische T-Zell-Antworten waren in allen Gruppen ähnlich – mit Ausnahme Tofacitinib-behandelter Patient*innen ohne Nachweis einer früher stattgehabten Infektion, bei denen die T-Zell-Antworten im Vergleich zu den gesunden Kontrollen signifikant reduziert waren (p = 0,021).
Eine dritte Dosis des COVID-19-Impfstoffs führte bei immunsupprimierten Patient*innen mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung zu einem Anstieg der Antikörperbindung. Diese Reaktionen waren bei Patient*innen, die Infliximab, Infliximab plus Thiopurin oder Tofacitinib einnahmen, jedoch reduziert. Unter Tofacitinib zeigte sich auch eine geringere T-Zell-Antwort. Diese Daten sprechen dafür, immunsupprimierte Gruppen bei der weiteren Impfstoffauffrischung weiterhin zu priorisieren, insbesondere Patient*innen unter einer Anti-Tumor-Nekrose-Faktor- oder Januskinase-Inhibitor-Therapie.