Dickdarm bis Rektum
Gut. 2022;71(11):2226–32
Diet or medication in primary care patients with IBS: The DOMINO study – A randomized trial supported by the Belgian Health Care Knowledge Center (KCE Trials Program) and the Rome Foundation Research Institute
Diät versus Spasmolytika in der hausärztlichen Primärversorgung von Patient*innen mit Reizdarmsyndrom – die DOMINO-Studie
In Europa werden zur medikamentösen Behandlung des Reizdarmsyndroms (RDS) häufig Spasmolytika wie z. B. Otiloniumbromid (OB) eingesetzt. In spezialisierten Zentren kann zudem durch eine sogenannte FODMAP-arme Diät (niedriger Anteil von fermentierbaren Oligo-, Di- bzw. Monosacchariden und Polyolen) eine signifikante Linderung der Beschwerden erreicht werden. Es ist aber unklar, ob Diätempfehlungen für eine FODMAP-arme Diät auch in der hausärztlichen Primärversorgung wirksam eingesetzt werden können. Im Rahmen dieser Studie wurde daher der Einfluss einer FODMAP-armen Diät auf die Beschwerdeintensität bei RDS mit der Wirkung von OB verglichen. Hierfür wurden RDS-Patient*innen von ihren Hausärzt*innen in der Primärversorgung rekrutiert und für eine 8-wöchige Behandlung mit OB (3 x 40 mg/Tag) oder eine Diät randomisiert und für 24 Wochen nachverfolgt. Für die Diätempfehlungen wurde eine Smartphone-App oder eine Infobroschüre verwendet, eine spezifische Ernährungsberatung war nicht erforderlich. Es wurden die RDS-Beschwerden mithilfe des IBS-SSS (IBS symptom severity score) und der Anteil der Patient*innen mit einem Ansprechen (Reduktion des Scores um ≥ 50 Punkte) erfasst und für die gesamte Studienkohorte bzw. die RDS-Patient*innen entsprechend der Rom-IV-Kriterien (Rom+) ausgewertet. Zudem wurden Therapiewirksamkeit, Lebensqualität, Angststörungen, Depression, Schweregrad der somatischen Beschwerden (Patient Health Questionnaire [PHQ15, PHQ9]) und die Therapieadhärenz erfasst und Prädiktoren für ein Therapieansprechen untersucht. Es wurden 459 RDS-Patient*innen aus der hausärztlichen Primärversorgung randomisiert (mittleres Alter 41 ± 15 Jahre, 76% Frauen, 70% Rom+). Die Rate der Patient*innen mit klinischem Ansprechen war nach 8 Wochen unter Diät signifikant höher als unter OB-Therapie (71% [155/218] vs. 61% [133/217]; p = 0,03). Diese Differenz war noch ausgeprägter bei Rom+-Patient*innen (77% [118/153] vs. 62% [98/158]; p = 0,004). Patient*innen unter diätetischer Behandlung zeigten eine hohe Therapieadhärenz (94% [199/212]). Die signifikant besseren Ansprechraten unter Diät zeigten sich bereits 4 Wochen nach Therapiebeginn (62% [132/213] vs. 51% [110/215]; p = 0,02) und die hohen Ansprechraten hielten während der gesamten Nachbeobachtungszeit an. Prädiktoren für ein Therapieansprechen auf Diät waren weibliches Geschlecht (Odds-Ratio [OR] = 2,08; p = 0,04) und für eine OB-Therapie der PHQ15 (OR = 1,1; p = 0,02).
In der hausärztlichen Primärversorgung war in dieser randomisierten Studie an Patient*innen mit Reizdarmsyndrom (RDS) eine FODMAP-arme Diät mithilfe einer Smartphone-App wirksamer als Spasmolytika zur Symptomkontrolle. Diätetische Verfahren, basierend auf einer FODMAP-armen Diät, sollten daher auch in der hausärztlichen Primärversorgung von RDS-Patient*innen als Erstlinientherapie eingesetzt werden.