Leber und Gallenwege
J Hepatol. 2022;77(6):1670–89
Hepatitis B virus reactivation associated with new classes of immunosuppressants and immunomodulators: A systematic review, meta-analysis, and expert opinion
Hepatitis-B-Virus-Reaktivierung im Zusammenhang mit neuen Immunsuppressiva und Immunmodulatoren: eine systematische Übersicht, Metaanalyse und Expertenmeinung
Eine Hepatitis-B-Virus-Reaktivierung (HBVr) kann durch Nukleos(t)idanaloga (NAs) verhindert werden. Hier wurden eine systematische Übersicht und Metaanalyse zum Risiko einer HBVr im Zusammenhang mit neuen immunsuppressiven und immunmodulatorischen Therapien erstellt und darauf basierend Vorschläge zur NA-Prophylaxe entwickelt. Ein Expertengremium überprüfte die Daten und kategorisierte das HBVr-Risiko im Zusammenhang mit jeder Medikamentenklasse als niedrig (< 1%), mittel (1−10%) und hoch (> 10%). Insgesamt wurden 59 Studien identifiziert, in denen über 3424 Hepatitis-B-Oberflächenantigen-positive (HBsAg+) und 5799 HBsAg-negative (HBsAg-) Patient*innen mit Nachweis von Antikörpern gegen das HBV-Kernantigen (Anti-HBc+) berichtet wurde, die die Zulassungskriterien für diese Studie erfüllten. Basierend auf Evidenz von mittlerer bis hoher Qualität waren bei HBsAg+ Patient*innen folgende Substanzklassen mit einem hohen HBVr-Risiko verbunden: Immun-Checkpoint-Inhibitoren, Tyrosinkinase-Inhibitoren, Zytokin-Inhibitoren, chimäre Antigenrezeptor-T-Zell-Immuntherapien und Kortikosteroide. Bei HBsAg-/Anti-HBc+-Patient*innen waren folgende Substanzklassen mit einem mittlerem HBVr-Risiko verbunden: Zytokin-Inhibitoren, chimäre Antigenrezeptor-T-Zell-Immuntherapien und Kortikosteroide. Anti-Tumor-Nekrose-Faktor-Wirkstoffe und Immun-Checkpoint-Inhibitoren waren bei HBsAg-/Anti-HBc+-Patient*innen mit niedrigem Risiko verbunden. Vorläufige Empfehlungen werden für Medikamente mit Evidenz von niedriger Qualität gegeben. NA-Prophylaxe wird empfohlen, wenn Medikamente mit einem hohen HBVr-Risiko verwendet werden, während eine Überwachung mit On-Demand-NAs für Medikamente mit geringem Risiko empfohlen wird. Beim Einsatz von Medikamenten mit mittlerem Risiko können beide Ansätze geeignet sein.
Ein Konsens über Definitionen und Methoden zur Meldung von Hepatitis-B-Virus-Reaktivierungen (HBVr) sowie die Aufnahme von Hepatitis-B-Oberflächenantigen-positiven und -negativen Patient*innen mit Nachweis von Antikörpern gegen das HBV-Kernantigen in klinischen Studien werden bedeutend für die Sammlung zuverlässiger Daten zum HBVr-Risiko im Zusammenhang mit immunsuppressiven oder immunmodulatorischen Therapien sein.