Leber und Gallenwege
J Hepatol. 2023;78(3):604–13
Prospective surveillance for cholangiocarcinoma in unselected individuals with primary sclerosing cholangitis
Prospektives Cholangiokarzinom-Screening bei unselektierten Personen mit primär sklerosierender Cholangitis
Die Evidenz für die hepatobiliäre Tumorüberwachung bei Patient*innen mit primär sklerosierender Cholangitis (PSC) ist rar. Ziel dieser Studie war es, prospektiv das Screening auf ein Cholangiokarzinom (CCA) mithilfe einer jährlichen Kernspintomografie- mit Cholangiopankreatografie (MRT/MRCP)-Untersuchung in einer landesweiten Kohorte zu evaluieren. Insgesamt wurden 512 Patient*innen mit PSC aus 11 schwedischen Krankenhäusern rekrutiert. Das Studienprotokoll umfasste jährliche klinische Nachuntersuchungen, Leberfunktionstests, eine MRT/MRCP-Untersuchung mit Kontrastmittel und Kohlenhydratantigen (CA)19-9-Bestimmung. Patient*innen mit schweren/progressiven Gallengangsveränderungen in der MRT/MRCP-Untersuchung wurden weiter mit endoskopischer retrograder MRCP untersucht. Die Patient*innen wurden 5 Jahre oder bis zur Diagnose eines CCA, bis zur Lebertransplantation (LT) und/oder bis zum Tod nachbeobachtet. Risikofaktoren im Zusammenhang mit CCA wurden mit Cox-Regression analysiert. Elf Patient*innen (2%) wurden mit CCA und 2 (0,5%) mit hochgradiger Gallengangsdysplasie diagnostiziert. Bei 122 Patient*innen (24%), von denen 10% eine maligne Grunderkrankung hatten, wurden schwere/progressive Veränderungen der Gallengänge in der MRT/MRCP-Untersuchung festgestellt. Die primäre Indikation für LT (n = 54) war bei 9 Patient*innen (17%) eine Gallengangsdysplasie und bei 45 Patient*innen (83%) eine Lebererkrankung im Endstadium, von denen bei 3 Patient*innen (7%) ein bisher unentdecktes Malignom in den Explantaten nachgewiesen wurde. Die mediane Überlebenszeit für Patient*innen mit CCA betrug 13 Monate (Bereich, 3–22 Monate). Die Zeit bis zur Diagnose einer hochgradigen Dysplasie und/oder hepatobiliären Malignität war signifikant mit schweren/progressiven Gallengangsveränderungen in der MRT/MRCP-Untersuchung (Hazard-Ratio [HR] = 10,50; 95% Konfidenzintervall [CI]: 2,49–44,31) und erhöhten CA19-9-Spiegeln (HR = 1,00; 95% CI: 1,00–1,01) assoziiert.
In einer unselektierten Kohorte von Patient*innen mit primär sklerosierender Cholangitis (PSC) waren die jährliche Bestimmung von Kohlenhydratantigen 19-9 und eine MRT/MRCP-Untersuchung, gefolgt von einer endoskopisch retrograden Cholangiopankreatikografie ineffektiv, um Malignome früh genug zu erkennen und das langfristige Überleben zu verbessern. Angesichts des seltenen Auftretens von Cholangiokarzinomen (CCA) sind Studien zu individualisierten Strategien für die Nachsorge und zur verbesserten Diagnosestellung für PSC-bedingte CCA gerechtfertigt.