Dickdarm bis Rektum
Gut. 2023;72(3):484–92
Post-COVID-19 irritable bowel syndrome
Reizdarmsyndrom nach COVID-19-Erkrankung
Die langfristigen Folgen einer COVID-19-Erkrankung auf den Gastrointestinaltrakt sind unbekannt. Im Rahmen dieser Studie sollte daher die Prävalenz von gastrointestinalen Beschwerden und von Post-COVID-19-Störungen der Darm-Hirn-Achse nach einer stationären Therapie einer COVID-19-Erkrankung untersucht werden. Im Rahmen einer multizentrischen prospektiven Studie (GI-COVID-19) wurden Patient*innen mit bzw. ohne COVID-19-Erkrankung bei stationärer Aufnahme sowie 1, 6 und 12 Monaten nach der Aufnahme untersucht. In diesem Rahmen wurden gastrointestinale Beschwerden, Ängste und depressive Veränderungen mittels validierter Fragebögen erfasst. Es wurden 2183 hospitalisierte Patient*innen eingeschlossen. Die primäre Auswertung umfasste 883 Patient*innen (614 mit COVID-19 und 269 Kontrollen), da Patient*innen mit vorbestehenden gastrointestinalen Beschwerden und/oder abdominalen Voroperationen ausgeschossen wurden. Bei der stationären Aufnahme traten gastrointestinale Beschwerden häufiger bei COVID-19-Patient*innen auf als in der Kontrollgruppe (59,3% vs. 39,7%; p < 0,001). Nach einer Nachbeobachtungszeit von 12 Monaten traten bei den Kontrollen häufiger harte Stühle bzw. eine Obstipation auf als bei COVID-19-Patient*innen (16% vs. 9,6%; p = 0,019 bzw. 17,7% vs. 10,9%; p = 0,011). COVID-19-Patient*innen berichteten im Vergleich zu Kontrollpersonen aber häufiger über ein Reizdarmsyndrom nach den Rom-IV-Kriterien (3,2% vs. 0,5%; p = 0,045). Faktoren die mit der Diagnose eines Reizdarmsyndroms assoziiert waren, umfassten eine Anamnese für Allergien, die chronische Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren und das Vorhandensein einer Dyspnoe. Nach 6 Monaten war der Anteil der Patient*innen, die die Kriterien einer Depression erfüllten, in der Post-COVID-19-Gruppe signifikant höher als bei Kontrollen.
Im Vergleich zu Kontrollpersonen litten Patient*innen mit COVID-19-Erkrankung in dieser prospektiven Beobachtungsstudie über 1 Jahr nach COVID-19-Infektion signifikant seltener an festem Stuhl bzw. Obstipation. Andererseits hatten Patient*innen mit COVID-19-Erkrankung ein signifikant erhöhtes Risiko innerhalb 1 Jahres an einem Reizdarmsyndrom zu erkranken.