Pankreas

Lancet Gastroenterol Hepatol. 2023;8(2):157–68

Immediate surgery compared with short-course neoadjuvant gemcitabine plus capecitabine, FOLFIRINOX, or chemoradiotherapy in patients with borderline resectable pancreatic cancer (ESPAC5): A 4-arm, multicenter, randomized, phase 2 trial

Ghaneh P, Palmer D, Cicconi S, Jackson R, Halloran CM, Rawcliffe C, Sripadam R, Mukherjee S, Soonawalla Z, Wadsley J, Al-Mukhtar A, Dickson E, Graham J, Jiao L, Wasan HS, Tait IS, Prachalias A, Ross P, Valle JW, O’Reilly DA, Al-Sarireh B, Gwynne S, Ahmed I, Connolly K, Yim KL, Cunningham D, Armstrong T, Archer C, Roberts K, Ma YT, Springfeld C, Tjaden C, Hackert T, Büchler MW, Neoptolemos JP; European Study Group for Pancreatic Cancer

Sofortige Operation im Vergleich zu einer kurzen neoadjuvanten Behandlung mit Gemcitabin plus Capecitabin, FOLFIRINOX oder Chemoradiotherapie bei Patient*innen mit grenzwertig resektablem Pankreaskrebs (ESPAC5): eine 4-armige, multizentrische, randomisierte Phase-II-Studie

Patient*innen mit grenzwertig resektablem duktalem Adenokarzinom des Pankreas haben trotz adjuvanter Chemotherapie relativ niedrige Resektionsraten und eine schlechte Überlebensrate. Ziel der Studie war es, die Durchführbarkeit und Wirksamkeit von 3 verschiedenen neoadjuvanten Kurztherapien im Vergleich zur sofortigen Operation zu untersuchen. ESPAC5 (European Study of Pancreatic Cancer, früher bekannt als ESPAC-5f) war eine multizentrische, offene, randomisierte, kontrollierte Studie, die in 16 Pankreaszentren in 2 Ländern (Großbritannien und Deutschland) durchgeführt wurde. Die teilnahmeberechtigten Patient*innen waren mindestens 18 Jahre alt, hatten einen WHO-Leistungsstatus von 0 oder 1, ein durch Biopsie nachgewiesenes duktales Adenokarzinom des Pankreas im Pankreaskopf und wurden nach einer zentralen Überprüfung anhand von Kriterien der kontrastmittelgestützten Computertomografie (CT) als grenzwertig resektabel eingestuft. Die Teilnehmer*innen wurden nach dem Zufallsprinzip einer von 4 Gruppen zugewiesen: sofortige Operation; neoadjuvante Behandlung mit Gemcitabin und Capecitabin (Gemcitabin 1000 mg/m² an den Tagen 1, 8 und 15 und orales Capecitabin 830 mg/m² zweimal täglich an den Tagen 1–21 eines 28-tägigen Zyklus für 2 Zyklen); neoadjuvante Behandlung mit FOLFIRINOX (Oxaliplatin 85 mg/m², Irinotecan 180 mg/m², Folinsäure entsprechend dem örtlichen Usus und Fluorouracil 400 mg/m² als Bolusinjektion an den Tagen 1 und 15, gefolgt von einer intravenösen Infusion von 2400 mg/m² über 46 Stunden an den Tagen 1 und 15, alle 2 Wochen für 4 Zyklen) oder neoadjuvante Radiochemotherapie auf Capecitabin-Basis (Gesamtdosis 50,4 Gy in 28 täglichen Fraktionen über 5,5 Wochen [1,8 Gy pro Fraktion, Montag–Freitag] mit Capecitabin 830 mg/m² zweimal täglich [Montag–Freitag] während der gesamten Strahlentherapie). Die Patient*innen wurden 4–6 Wochen nach der neoadjuvanten Therapie einer kontrastmittelgestützten CT-Untersuchung und einer chirurgischen Exploration unterzogen, sofern der Tumor zumindest noch grenzwertig resektabel war. Alle Patient*innen, bei denen der Tumor reseziert wurde, erhielten eine adjuvante Therapie nach Ermessen des behandelnden Onkologen/der behandelnden Onkologin. Primäre Endpunkte waren die Rekrutierungsrate und die Resektionsrate. Die Analysen wurden auf einer Intention-to-Treat-Basis durchgeführt. Zwischen dem 3. September 2014 und dem 20. Dezember 2018 wurden von 478 gescreenten Patient*innen 90 nach dem Zufallsprinzip einer Gruppe zugewiesen (33 zur sofortigen Operation, 20 zu Gemcitabin plus Capecitabin, 20 zu FOLFIRINOX und 17 zur Capecitabin-basierten Radiochemotherapie); 4 Patient*innen wurden aus der Intention-to-Treat-Analyse ausgeschlossen (1 Patient*in in der Capecitabin-basierten Radiochemotherapie-Gruppe zog seine/ihre Einwilligung vor Beginn der Therapie zurück, und 3 [2 in der Gruppe mit sofortiger Operation und 1 in der Gruppe mit Gemcitabin plus Capecitabin] wurden nach der Randomisierung als ungeeignet eingestuft). 44 von 55 Patient*innen (80%) schlossen die neoadjuvante Therapie ab. Die Rekrutierungsrate betrug 25,92 Patient*innen pro Jahr von 16 Standorten; 21 von 31 Patient*innen (68%) in der Gruppe mit sofortiger Operation und 30 von 55 Patient*innen (55%) in der Gruppe mit kombinierter neoadjuvanter Therapie unterzogen sich einer Resektion (p = 0,33). Eine R0-Resektion wurde bei 3 von 21 Patient*innen (14%) in der Gruppe mit sofortiger Operation und bei 7 von 30 Patient*innen (23%) in den Gruppen mit neoadjuvanter Therapie erreicht (p = 0,49). Chirurgische Komplikationen wurden bei 29 von 68 Patient*innen (43%) beobachtet, die sich einer Operation unterzogen; kein Patient/keine Patientin starb innerhalb von 30 Tagen. 46 von 55 Patient*innen (84%), die eine neoadjuvante Therapie erhielten, waren für ein erneutes Staging verfügbar. Sechs von 46 (13%) hatten ein partielles Ansprechen. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 12,2 Monate (95% Konfidenzintervall [CI]: 12,0–12,4). Das 1-Jahres-Gesamtüberleben betrug 39% (95% CI: 24–61) bei sofortiger Operation, 78% (95% CI: 60–100) bei Gemcitabin plus Capecitabin, 84% (95% CI: 70–100) bei FOLFIRINOX und 60% (95% CI: 37–97) bei Capecitabin-basierter Radiochemotherapie (p = 0,0028). Das krankheitsfreie 1-Jahres-Überleben nach der Operation betrug 33% (95% CI: 19–58) für die sofortige Operation und 59% (95% CI: 46–74) für die kombinierten neoadjuvanten Therapien (Hazard-Ratio = 0,53, 95% CI: 0,28–0,98; p = 0,016). Drei Patient*innen meldeten ein lokales Krankheitsrezidiv (2 in der Gruppe mit sofortiger Operation und 1 in der FOLFIRINOX-Gruppe). 78 Patient*innen (91%) wurden in die Sicherheitsgruppe aufgenommen und auf Toxizitätsereignisse untersucht. 19 von 78 Patient*innen (24%) meldeten ein unerwünschtes Ereignis ≥ Grad 3 (2 von 28 Patient*innen [7%] in der Gruppe mit sofortiger Operation und 17 von 50 Patient*innen [34%] in den Gruppen mit neoadjuvanter Therapie zusammen), wobei es sich am häufigsten um Neutropenie, Infektion und Hyperglykämie handelte.

Die Rekrutierung war schwierig. Es gab keinen signifikanten Unterschied in den Resektionsraten zwischen den Patient*innen, die sofort operiert wurden, und denen, die sich einer neoadjuvanten Therapie unterzogen. Eine kurze neoadjuvante Therapie (8 Wochen) hatte einen signifikanten Überlebensvorteil im Vergleich zur sofortigen Operation. Eine neoadjuvante Chemotherapie mit Gemcitabin plus Capecitabin oder FOLFIRINOX hatte die beste Überlebensrate im Vergleich zur sofortigen Operation. Diese Ergebnisse sprechen für den Einsatz einer kurzzeitigen neoadjuvanten Chemotherapie bei Patient*innen mit grenzwertig resektablem duktalem Adenokarzinom des Pankreas.

Prof. Dr. P. Ghaneh, Department of Molecular and Cancer Medicine, University of Liverpool, Liverpool, Großbritannien, E-Mail: p.ghaneh@liverpool.ac.uk

DOI: 10.1016/s2468-1253(22)00348-x

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