Leber und Gallenwege
Gut. 2022;71(2):415–23
Hepatobiliary phenotypes of adults with alpha-1 antitrypsin deficiency
Hepatobiliäre Phänotypen von Erwachsenen mit Alpha-1-Antitrypsinmangel
Alpha-1-Antitrypsinmangel (AATM) ist eine häufige, potenziell tödliche angeborene Erkrankung, die durch Mutationen im Alpha-1-Antitrypsin (AAT) verursacht wird. Homozygotie für die Pi*Z-Variante von AAT (Pi*ZZ-Genotyp) verursacht Lungen- und Lebererkrankungen, während heterozygote Pi*Z-Träger*innen (Pi*MZ-Genotyp) ein erhöhtes Risiko für Gallensteinleiden und Leberfibrose aufweisen. Die klinische Bedeutung der häufigeren Pi*S-Variante bleibt weitgehend undefiniert und es gibt keine robusten Daten zur Prävalenz von Lebertumoren bei AATM. Baseline-Phänotypen von AATM-Individuen und Nichtträger*innen wurden bei 482.380 Teilnehmer*innen in der Biobank des Vereinigten Königreichs (UK) analysiert. 1104 Teilnehmer*innen einer multinationalen Kohorte (586 Pi*ZZ, 239 Pi*SZ, 279 Nichtträger*innen) wurden einer umfassenden klinischen Untersuchung unterzogen. Assoziationen wurden für Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index, Diabetes und Alkoholkonsum angepasst. Unter den Teilnehmer*innen der UK Biobank zeigten Pi*ZZ-Personen die höchsten Leberenzymwerte, das häufigste Auftreten von Leberfibrose/-zirrhose (angepasste Odds-Ratio [aOR] = 21,7, 95% Konfidenzintervall [CI]: 8,8−53,7) und primärem Leberkrebs (aOR = 44,5, 95% CI: 10,8−183,6). Patient*innen mit dem Pi*MZ-Genotyp hatten leicht erhöhte Leberenzymwerte und ein mäßig erhöhtes Risiko für Leberfibrose/-zirrhose (aOR = 1,7, 95% CI: 1,2−2,2) und Cholelithiasis (aOR = 1,3, 95% CI: 1,2−1,4). Personen mit homozygoter Pi*S-Mutation (Pi*SS-Genotyp) zeigten minimal erhöhte Alaninaminotransferase-Werte, aber keine anderen hepatobiliären Anomalien. Pi*SZ-Teilnehmer*innen zeigten höhere Leberenzymwerte sowie häufiger Leberfibrose/-zirrhose (aOR = 3,1, 95% CI: 1,1–8,2) und primären Leberkrebs (aOR = 6,6, 95% CI: 1,6–26,9). Die höhere Fibroselast wurde in einer multinationalen Kohorte bestätigt. Männliches Geschlecht, Alter ≥ 50 Jahre, Fettleibigkeit und das Vorliegen eines Diabetes waren mit einer signifikanten Leberfibrose verbunden.
Diese Studie definiert den hepatobiliären Phänotyp von Personen mit den relevantesten Alpha-1-Antitrypsinmangel-Genotypen, einschließlich ihrer Prädisposition für Lebertumoren, und ermöglicht so eine evidenzbasierte Beratung und individualisierte hepatologische Überwachung.