Leber und Gallenwege
J Hepatol. 2022;76(5):1079–89
Rectal colonization by resistant bacteria increases the risk of infection by the colonizing strain in critically ill patients with cirrhosis
Rektale Besiedelung durch resistente Bakterien erhöht das Risiko einer Infektion durch den besiedelnden Stamm bei kritisch kranken Patient*innen mit Zirrhose
Es ist unklar, ob eine rektale Besiedlung mit multiresistenten Erregern (MRE) weit verbreitet ist und bei Patient*innen mit Zirrhose für Infektionen durch dieselben Erreger prädisponiert. Zwei Serien kritisch kranker Patient*innen wurden ausgewertet. In der Barcelona-Kohorte wurden 486 konsekutive Patient*innen prospektiv ausgewertet, 129 mit und 357 ohne Zirrhose (2015–2016). Rektale Abstriche wurden bei der Aufnahme und danach wöchentlich (bis zur Entlassung von der Intensivstation) durchgeführt, um eine MRE-Kolonisierung festzustellen. Risikofaktoren für die Kolonisierung und Infektion durch MRE wurden bewertet. Eine retrospektive Kohorte aus Frankfurt (421 Patient*innen mit Zirrhose; 2010–2018) wurde untersucht, um die MRE-Rektalkolonisation in einem anderen epidemiologischen Szenario zu bewerten. In der Barcelona-Kohorte waren 159 Patient*innen (32,7%) mit MRE kolonisiert, davon 102 (64,2%) bei Aufnahme und 57 (35,8%) während der Nachsorge. Pati-ent*innen mit Zirrhose zeigten bei der Aufnahme höhere Raten rektaler Kolonisation als Patient*innen ohne Zirrhose (28,7% vs. 18,2%; p = 0,01), aber ähnliche Kolonisationsraten während des Aufenthalts auf der Intensivstation. Exten-ded-Spectrum-Betalactamase (ESBL)-Enterobacterales waren die am häufigsten isolierten MRE in beiden Gruppen. Die Kolo-nisierung durch MRE erhöhte unabhängig voneinander das Infektionsrisiko durch MRE bei der Aufnahme und während der Nachsorge. Auch das Risiko einer Neuinfektion durch den kolonisierenden Stamm war bei Patient*innen mit (Hazard-Ratio [HR] = 7,41) und ohne (HR = 5,65) Zirrhose signifikant erhöht. Auch in Frankfurt war die rektale Besiedelung durch MRE hochprävalent (n = 198; 47%; davon 131 bei Aufnahme [66,2%] und 67 [33,8%] während der Nachsorge), wobei Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) der häufigste Besiedelungskeim waren. Die rektale Kolonisation durch MRE war in dieser Kohorte auch mit einem erhöhten Infektionsrisiko durch MRE verbunden. Infektionen, die bei MRE-Trägern auftraten, wurden hauptsächlich durch den besiedelnden Stamm verursacht.
Bei kritisch kranken Patient*innen mit Zirrhose ist eine rektale Kolonisation durch multiresistente Erreger extrem häufig. Die Kolonisierung erhöht das Infektionsrisiko durch den kolonisierenden resistenten Stamm.